EINLADUNG ZUR ERÖFFNUNG DER VIDEO-AUSSTELLUNG
Donnerstag, 22. Juli 2021, 21:00 Uhr
Zusammengestellt von Sophia Leitenmayer
Vortrag von Heidi Salaverría
Mit:
REMI ALKHIAMI, MICHEL BALKE, ELIA BEYER, SEVDA GÜLER,
BENJAMIN JANTZEN, SEDA KAÇAK SEIFERT, HELENE KUMMER,
PAULINA LASKOWSKI, MONA RIZAJ, KUNO SELTMANN, LUÍSA TELLES, PRATEEK VIJAN, BADRIEH WANLI
22. bis 25. Juli 2021
von Sonnenuntergang bis Mitternacht
HYCP VEDDEL SPACE
Sieldeich 36, 20539 Hamburg
Benjamin Janzen, performing a rhizome
2’44, 2021
Synopsis: Benjamin Janzen bricht den künstlerischen Performancebegriff herunter auf einen allgemeineren Performancebegriff von Leistung, bzw. Leistungsfähigkeit. Durch sportliche Aktivität erzeugt er Flüssigkeit und nährt einen Pilz. Seine Arbeit ist Teil einer langfristigen Suche nach Möglichkeiten, unhierarchische Verbindungen mit Pilzen einzugehen und aus dem biologischen und dem menschlich kulturellen Rhizom ein gemeinsames Rhizom zu bilden. Dazu gehört auch die Frage nach dem Habitat, in dem sie gemeinsam existieren können. Eine aus Kombucha genähte Hülle spannt sich um den Fahrrad fahrenden Menschen und bildet den Nährboden für den Pilz und damit auch die hautartige Schnittstelle zwischen Pilz und Mensch.
Bio: Benjamin Janzen arbeitet zwischen den Medien Performance, Film und Installation. Im Zentrum stehen aktivierte Objekte aus organischen Materialien, die eigene Bewegungsmuster und Sprachen entwickeln.
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Badrieh Wanli, Ein Zoom für sich allein/A Zoom On its Own
7’30, 2021
Synopsis: Badrieh Wanli tastet in ihrer Arbeit die Grenzen und Absurditäten dessen ab, was für sie gerade vornehmlich (Frei)Raum bedeutet. Bei Begegnungen auf digitalen Plattformen sind oftmals nur die Oberkörper sichtbar und ein Zimmerausschnitt im Hintergrund. Der Bildausschnitt und die Blickverhältnisse darin rahmen und beschneiden den Körper auf merkwürdige Weise. Enthalten ist eine Tendenz zur Unterwerfung, unter den Rahmen des digitalen Fensters und ein gewisser Voyeurismus. Badrieh Wanli begibt sich mit ihrem gesamten Körper in diese perspektivische Verzerrung hinein und untersucht als Mutter und als Künstlerin die Begrenzungen und Möglichkeiten des dadurch so klein gewordenen Zimmers und ihr produktives Scheitern daran.
Bio: Badrieh Wanli lebt und arbeitet in Hamburg. Nach einer Schauspielausbildung begann sie 2012 an der HFBK freie Kunst zu studieren. In ihren Arbeiten trifft dokumentarisches Material auf essayistische Methoden. Im Laufe ihres Kunststudiums wurde sie zwei Mal Mutter und verarbeitet seither immer wieder Themen, die ihre Mutterrolle betreffen. Fragen nach Stereotypen, Erwartungen, Klischees und Selbstbestimmung werden in Text und Bild erforscht. Für ihre Bachelorarbeit beschäftigte sie sich intensiv mit ihrer Rolle als junge Mutter und ließ verschiedene Stimmen über ihre neue soziale Position zu Wort kommen. Derzeit studiert sie Germanistik und Kunst an der Uni Hamburg und der HFBK und beschäftigt sich auch auf literarischer Ebene mit dem Thema Mutterschaft.
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Seda Kaçak Seifert, Spiegelung (Mirage) / Reflection (Mirage)
5′, Sci-Fiction, 2018
Synopsis De: Die Geschichte einer jungen Bürgerin in einer repressiven Dystopie, in der das Betrachten des eigenen Spiegelbildes strafbar ist.
Bio: Geboren am 23. Januar 1990 in Sanliurfa, Türkei, absolvierte ein Filmstudium an der der Mimar Sinan Kunsthochschule in Istanbul, wo sie auch aufgewachsen ist. Sie studiert seit kurzem an der HFBK Hamburg und realisiert ihre Filmprojekte in Deutschland.
Filmography:
Mektup (The Letter), 2010 – director
Bütün Oğullarım (All My Sons), 2012 – director
Everything Will Be Ok, 2012 – animator and director
Bir Fincan Çay (A Cup Of Tea), 2013 – director
We (Occupy Grandmas), 2014 – animator and director
I am Afraid, Everything Will Be 0k, 2015 – animator and director
About La Jetée, 2017 – voiceover and director
Spiegelung (Mirage), 2018 – director
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Remi Alkhiami, Der Schlüssel / The Key
4’12, Audiotext mit Installation, 2021
Synopsis: In Remi Alkhiamis Schublade liegt ein Schlüssel, der nicht zu ihrem gegenwärtigen Zimmer gehört. Es ist der Schlüssel zu einem fernen zerstörten Zuhause aus der Vergangenheit. Noch immer schließt der Schlüssel ein Zimmer auf, aber kein Zuhause, sondern eine Erinnerung und eine ferne Sehnsucht. Ihre Arbeit kreist um das Verhältnis zwischen ihrem jetzigen Zimmer und dem anderen Zimmer, dem anderen Zuhause und dem Trauma seines Verlusts. Sie ist eine Reise aus der Vergangenheit in die Gegenwart und wieder zurück, symbolisiert im Schlüssel und im Pass, und damit weniger eine Reise um ein Zimmer als eine Reise zu einem verlorenen Zimmer, die sie nicht alleine unternimmt, sondern als kollektive Erfahrung durch erzwungene Migration mit vielen Menschen teilt.
Bio: Remi Alkhiami ist eine syrische Künstlerin, die seit 2016 in Hamburg Deutschland lebt. Sie hat einen Bachelor-Abschluss im Bereich Kunst/Skulptur der Damaskus Universität in Syrien. Zahlreiche Ausstellungsbeteiligungen in Syrien und Deutschland. Derzeit ist sie Studentin der HFBK in Hamburg, im Fachbereich Medien. Ihre Arbeit ist hauptsächlich inspiriert von ihrer persönlichen Erfahrung und ihrem Hintergrund als Frau und Geflüchteter in Deutschland.
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Mona Rizaj, shkurta gjysha nese mund ta shihni ate (Kleine Großmutter, wenn du es sehen kannst)
07‘59“, Audio, 2021
Synopsis: Von welchen Staaten wird Kosovo anerkannt? Ist es überhaupt ein Staat, wenn er nicht von allen anerkannt wird? Ein Video über die individuellen Erfahrungen, die mit dem Stellenwert des Kosovos verknüpft sind und damit, welcher Knotenpunkt der Kosovo für die anderen Balkanstaaten geopolitisch darstellt.
Bio: Mona Rizaj ist kosovoalbanische Österreicherin. Sie studiert und arbeitet in Hamburg und Wien. Bisher hat sie überwiegend mit Audio gearbeitet und beschäftigt sich aktuell mit den Themen: Welchen Stellenwert hat der Kosovos in Europa, Vorurteile gegenüber Migration und „dem Ausland“, hier konkret gegenüber dem Kosovo/den Balkan-Staaten und Diskriminierung (in ihrer eigenen Familie). Dabei spielen Gespräche und das Zuhören eine Rolle. Durch diese Werkzeuge finden sich die eigenen Positionen zu Themen, denn Kunst ist die Aufarbeitung des Zeitgenössischen. Zudem mag Rizaj es gerne, im Bett zu lümmeln und Schokolade zu essen.
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Sevda Güler, Wecken / Awaken
04‘07“, Experimenteller Spielfilm, 2017
16mm digitalisiert, schwarz-weiß und Farbe, ohne Ton
Synopsis: Eine ältere Frau findet einen merkwürdigen Gegenstand in ihremKühlschrank, welcher ihr Leben für kurze Zeit auf den Kopf stellt.
Bio: Sevda Güler mag Oliven. Auf ihrem künstlerischen Weg hat sie einen Abschluss an der Kunsthochschule Kassel und an der Hochschule für bildende Künste Hamburg eingesammelt. Sie arbeitet oftmals in Kollektiven und verbindet Bewegung, Video, Sound und Performance miteinander. Meistens ist sie mit einer Kamera unterwegs, manchmal auch mit Gedanken.
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Helene Kummer, Salad Fingers
3‘30“, 2021, CGI-animation, Pflanzen-Scans, Voiceover
Bio: Helene Kummer ist Medienkünstlerin und arbeitet überwiegend mit digitalen Technologien wie CGI-Animation und in Form von interaktiven audiovisuellen Installationen. Digitale dreidimensionale Räume bilden sowohl Schauplatz als auch Entstehungsort ihrer Arbeiten. In meist kollektiven Prozessen mit Menschen und Technologie transformieren sich bizarre Szenerien, in denen ein Austausch zwischen virtuellem und realem Raum stattfindet.
In diesen multimedialen Settings werden neue Worldings in Bezug auf Mensch-Mensch-, Mensch-Maschine- und Mensch-Tier-Verhältnisse ausgetestet.
Helene Kummer studiert seit 2018 bei Angela Bulloch und Jeanne Faust an der HFBK Hamburg.
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Kuno Seltmann, oo
12‘42“, 2021, 35mm, Farbe
Synopsis: Aus all diesen Gründen dürfte die prüfende Widerlegung die wichtigste und mächtigste Reinigung sein. Wer sich ihr nicht unterzieht, der ist ungereinigt hinsichtlich dessen, worauf es eigentlich ankommt, und er hat deshalb als eingebildet und häßlich zu gelten und zwar gerade dort, wo am reinsten und schönsten sein muß, wer wahrhaft glücklich sein will.
Bio: Kuno Seltmann macht Experimente am Material der Bewegten Bilder. Ontologische Oberflächenbetrachtung von Codec und Datenfluss. Mischwesen zwischen 35mm Film und Laserprintrasterpunkt. Analoge Ausstülpungen in digitale Datenbahnen und umgekehrt.
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Luísa Telles, Laranja-mundo (Orangen Welt)
5’47”, 2017
Synopsis: In diesem Video, das mehrmals zum gleichen Ausgangspunkt zurückkehrt – vorwärts und rückwärts abgespielt, wird eine Orange geschält. Die Obsession mit Zitrusfrüchten und natürlichen Artefakten ist im gesamten aristokratischen Europa verbreitet. Als altbekannter Bestandteil der Stilllebenmalerei der westlichen Hemisphäre symbolisiert die Orange eher kontinentalen Zugriff als ein gemeinsames, regionales Gut.
Bio: Luísa Telles, geboren in Sao Paulo, Brasilien, ist Künstlerin und Forscherin und lebt in Hamburg. Mit einem DAAD-Stipendium ist absolviert sie gegenwärtig den Studiengangs Fotografie bei Broomberg & Chanarin an der HfBK Hamburg. Ihre Arbeit beschäftigt sich mit Fragen rund um das soziale Gedächtnis und den Körper als Mittel des Widerstands.
Fotografie von Elisa Golddammer.
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Michel Balke + Elia Beyer, In einer Brücke/ 001
10‘, 2021
Synopsis: Digitalisierte Tour durch einen Brückenkomplex. Die Malereien sind mit Lacken auf die Stahlröhre, sowie mit Dispersionsfarbe auf den Beton angebracht. Zusätzlich wurden 100 Meter Papier verklebt und die Arbeiten mit Lageplan und Situationszeichnungen erweitert.
Bio: www.textmitbild.info
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Paulina Laskowski, Reservoir
12‘, 2021
Synopsis: Bewegungsstudie auf der Baustelle der alten Reichsstraße in Wilhelmsburg, Hamburg, mit Performerin Trinidad Martinez.
Bio: Paulina Laskowski ist Klang- und Performancekünstlerin und arbeitet an der Schnittstelle von Kunstvermittlung und Aktivismus.
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Prateek Vijan, The Sacred Lake
Bangalore, India, 2018, Video, 4’34’’
Synopsis: Im Hinduismus wird geglaubt, dass Feuer die Kraft hat, zu reinigen / auszulöschen. Wenn ein Kind geboren wird, wird ein Havan in dem Haus abgehalten, in dem das Kind leben wird. Die Zeremonie besteht darin, eine kleine offene Feuerstelle in der Mitte des Hauses zu errichten. Ein Priester wird eingeladen, ein Ritual durchzuführen, bei dem Sanskrit Shlokas (Hymnen) gesungen werden und einige Zutaten wie Sandelholz, Bach, Lorbeerblätter, trockene Eukalyptusblätter, Kräuter usw. in das Feuer gelegt werden. Es wird geglaubt, dass dies das Haus reinigt. Wenn eine Person stirbt, wird sie eingeäschert. Es gibt einen Priester und einige Zutaten werden auch ins Feuer geworfen. Am nächsten Morgen werden die Überreste der Knochen eingesammelt und zum Heiligen Fluss gebracht.
Am 6. Januar 2018 sah ich durch mein Fenster eine riesige Rauchwolke aufsteigen. Ich zog mir schnell meine Hose an und rannte die Treppe hinunter. Ich stieg in den Tuk-Tuk und fragte den Fahrer, ob er dem Feuer folgen könne. Ich fragte ihn, ob er wisse, wo das Feuer sei? Und ob er mich mitnehmen könne? Er antwortete wütend: “Warum wollen Sie denn in die Nähe eines solchen Feuers gehen?” Ich hatte keine Antwort auf seine Frage, sondern nur den Drang, dem schwarzen, alles verschlingenden Rauch zu folgen. „Wir stehen auf dem ausgetrockneten Seebett”, sagte der Tuk-Tuk-Fahrer Ramesh. Nachdem ich ein wenig näher herangegangen war, entdeckte ich, dass der See in Flammen stand. Das trockene Unkraut und der Wind ließen das Feuer auf dem See und an den Ufern des Sees herumwirbeln.
„Dies war das dritte Mal, dass der See Feuer gefangen hatte. Diese Seen wurden im 16. Jahrhundert zur Bewässerung genutzt. In der Gegenwart fließen etwa 40 Prozent der ungeklärten Abwässer der Stadt in diese Seen, das sind 480 Millionen Liter täglich”, so Mary Rose Abraham im National Geographic. The Hindu(Zeitung) sagte, dass das Feuer anscheinend von einem Methanausbruch herrührt. Es gab ein Zentrum von tiefgelben Flammen, vielleicht von Methan, und riesige Mengen von gelblich gefärbtem Rauch. Die Stadt benutzt den See als Abwasserspeicher. Diese Beziehung des Gebens und Nehmens scheint für mindestens zwei weitere Jahre heilig zu sein. Denn für 2020 ist der Bau einer großen Kläranlage geplant.
Bio: Prateek Vijan, zeitbasierter Medienkünstler aus Indien.
Mit freundlicher Unterstützung
der Behörde für Kultur und Medien Hamburg
und dem Bezirksamt Hamburg Mitte